Rundum­erneuerung des Büroring-­Zentrallagers in Haan

Büroring - Kommisionierung

Kapazitäts- und Leistungsreserven auf begrenztem Raum erschlossen.

Knapp vier Millionen Euro hat die Büroring Unternehmensgruppe in die Reorganisation der Intralogistik am Standort Haan investiert. Mithilfe der neu in ein Bestandsgebäude integrierten mehrgeschossigen Kartonförderanlage konnten die Auftragsdurchlaufzeiten bei gesteigerter Prozesssicherheit deutlich verkürzt werden. Gleichzeitig ist es dem Generalunternehmer BSS Bohnenberg während des Umbauprojekts gelungen, die zur Verfügung stehende Nutzfläche durch Einbringung zusätzlicher Kommissionierflächen zu vervielfachen. Die Büroring Unternehmensgruppe ist ein genossenschaftlich organisierter, bundesweit führender Verbund von mehr als 500 mittelständischen Bürofachhändlern. In diesem B2B-Sektor werden die Kräfte der „Büroring-Familie“ durch die Büroring eG und die Büro Forum AG weiter verstärkt. Zentrale Ansätze sind eine marktorientierte Bündelung des Einkaufsvolumens, gemeinschaftliche Services sowie eine gemeinsame Logistik. Im rheinländischen Haan treiben derzeit rund 100 Mitarbeiter das durch einen Mitgliederumsatz von rund 800 Millionen Euro repräsentierte Erfolgsmodell weiter voran. Dreh- und Angelpunkt für die Verteilung der Waren ist das ebenfalls dort angesiedelte Zentrallager. Permanent bevorratet werden rund 12.000 verschiedene Artikel, die innerhalb von 24 Stunden nach Bestelleingang ausgeliefert werden. Hierbei handelt es sich in erster Linie um gewerblichen Bürobedarf, aber auch Büro- und Objekteinrichtungen.

Erfolg erzeugt Handlungsbedarf

Angesichts stetig wachsender Sortimente und drohender Kapazitätsengpässe wurde im Jahr 2016 gemeinsam der Entschluss gefasst, wesentliche Teilbereiche der Intralogistik komplett neu auszurichten. Um die Steigerungsraten dauerhaft effizient abbilden zu können, standen hierbei insbesondere verkürzte Prozesszeiten, eine erhöhte Flexibilität sowie verbesserte Reaktionsmöglichkeiten auf saisonale Schwankungen im Fokus. „Das große Dilemma bestand darin, dass für die Neustrukturierung keine weiteren Flächen zur Verfügung standen“, berichtet Büroring-Vorstand Jörg Schaefers. „Die neu zu integrierende Kommissionieranlage musste daher auf begrenztem Raum realisiert werden, ohne dass dies zu Lasten der erforderlichen Durchsatzleistung und Prozessqualität ging“. Das durch den Solinger Generalunternehmer BSS Bohnenberg GmbH entwickelte Konzept sah eine umfangreiche, mehrgeschossige Kartonförderanlage vor, gegliedert in die Bereiche „Auftragsstart“, „Kommissionierung“, „Kontrolle“ und „Verpackung/Versand“. Die Systemlösung umfasst zudem eine Fachbodenregalanlage auf einer Länge von 1.000 m, mehrere hundert Stückgut-Durchlaufkanäle, Etikettierer und einen vollautomatischen Kartonumreifer. Parallel beauftragte Büroring den auch für die Bauleitung und Gewerke-Koordination zuständigen Intralogistikspezialisten mit der Kopplung der Automationsebene an das vorhandene SAP-System. Da das Tagesgeschäft während der Bauphase aufrechtzuerhalten war, wurden die Kommissioniertätigkeiten samt der erforderlichen Fachbodenregale temporär in eine andere Halle verlagert. Somit wurde Platz geschaffen, in der vorhandenen Logistikimmobilie passgenaue Fördertechnikstrecken und eine neue, vier Meter hohe und auf eine Regalfläche von rund 2.200 m² ausgelegte Bühne zu installieren.

Clevere Prozesse für verbesserte Performance

Seit Inbetriebnahme Ende 2017 konnten die Auftragsdurchlaufzeiten sukzessive weiter verkürzt werden. Daran hat die erbrachte und Pick-by-Voice-unterstützte Kommissionierleistung einen entscheidenden Anteil. „Mithilfe der neuen Systemlösung haben wir die Pickleistung erheblich auf heute rund 1.500 Kommissionier Picks pro Stunde steigern können“, betont Jörg Schaefers. „Bereits nach kurzer Zeit konnte die Verpackungsleistung deutlich auf inzwischen über 2.000 Pakete am Tag gesteigert werden.“ Durch ein geschickt arrangiertes Anlagenlayout sei es zudem möglich gewesen, die Nutzfläche optimal zu nutzen. Auf der neuen Förderanlage werden im 2-Schicht-Betrieb an fünf Tagen in der Woche Kartons in sechs variierenden Abmessungen und mit einem Maximalgewicht von 30 kg bewegt. Bei Bedarf durchlaufen auch Kunststoffbehälter und Tablare mit bis zu 50 kg die Strecke. Im Zuge der Einzelstückkommissionierung werden die Verpackungseinheiten sukzessive gemäß „Pick & Pack“ in die Kundenkartons übergeben. Dies geschieht über insgesamt elf Kommissionierbahnhöfe. Die Stationen 1 bis 6 sind Schnelldrehern vorbehalten. Hier startet der Pickvorgang direkt beim Eintreffen des Auftragskartons. Die Bahnhöfe 7 bis 11 sind hingegen auf das Prinzip der mehrstufigen Kommissionierung ausgelegt. An diesen werden bereits in einem Sammelfach bereitliegende Artikel, die ausschließlich für einen Auftrag bestimmt sind, in die zugeführten Kartons umgefüllt. „Durch dieses Prinzip wird die Verweildauer des Auftragskartons in diesem von einem hohen Artikelaufkommen geprägten Bereich auf ein Minimum verkürzt“, unterstreicht BSS-Projektleiter Hans Kemmerling. „Infolge konnten merklich verkürzte Durchlaufzeiten realisiert werden.“

Kommissionieranlage mit Weiterreichsystem

Der Grundstock für eine durchgängig abgesicherte Prozessqualität wird allerdings bereits beim Auftragsstart gelegt. So wird ein Kundenauftrag nach Erfassung in SAP-ERP per Volumenberechnung einzelnen Versandkartons zugewiesen. Unter Berücksichtigung parallel ermittelter Prioritäten werden die einzelnen Versandkartons in eine Ausführungs-Queue eingereiht. Beim Auftragsstart wird der errechnete Kartontyp dann auf einem Bildschirm visualisiert, aufgerichtet und auf die Förderstrecke aufgeschoben. Es folgen eine Konturenkontrolle sowie die Anbringung eines Barcode-Labels. Dieses wird gescannt und mit dem nächsten Auftrag für den identifizierten Kartontyp „verheiratet“. Kleinere, unter Umständen nicht förderfähige Kartons können manuell mit einem Etikett versehen und auf ein Tablar gesetzt werden. Nach dem Auftragsstart fährt jeder Umkarton diejenigen Bahnhöfe an, an denen Artikel zu kommissionieren sind beziehungsweise bereits zur Abholung bereitstehen. Hierzu übermittelt SAP der Anlagen-SPS eine Zielkette, sodass die Stationen in chronologischer Reihenfolge angefahren werden, um unnötigen Umlaufverkehr auf der Förderanlage zu vermeiden. Nach Entnahme eines Artikels und Einlegen in den Karton quittiert der Werker den Vorgang. Sind alle Picks abgearbeitet, generiert SAP ein entsprechendes Telegramm und übermittelt dieses an die SPS. Der Karton wird auf die Hauptstrecke abgeschoben und zum nächsten, innerhalb der Zielkette definierten Bahnhof weitertransportiert. Sollte eine anzulaufende Station belegt sein, kann diese dank der Kreiseloptionen innerhalb der Anlage erneut angefahren werden.

Zielsichere Nachschubversorgung und Versandbereitstellung

Nach Quittierung des letzten noch offenen Bahnhofs der Zielkette wird der Karton von der Bühne via Spiralförderer der Verpackung zugeführt. Hierbei passiert er einen Meldepunkt, über den ad hoc die Erzeugung der Druckdateien für den Lieferschein und die Rechnung durch das SAP-System angestoßen wird. Eintreffende Kartonagen werden von den Mitarbeitern auf einen freien Platz gezogen, gescannt sowie mit Versandpapieren und gegebenenfalls Werbung bestückt. Es folgen das Aufsetzen eines Stülpdeckels und die Anbringung des aus den bereits vorbereiteten Spool-Dateien erzeugten Versandetiketts. Auf letzterem ist auch das Paketgewicht aufgeführt, das über eine in die Tischfläche eingelassene Versandwaage ermittelt wird. Für den regulären Paketversand bestimmte Kundenkartons passieren den automatischen Umreifer und werden zu einer der drei Endstellen ausgeschleust. Über angetriebene Scherenrollenbahnen lassen sie sich bis in den Lkw-Auflieger fördern, wo sie abgenommen und gestapelt werden. Die Nachschubversorgung für die elf Kommissionierbahnhöfe ist über das Schmalganglager organisiert. Im Bereich der weiter entfernt liegenden BAhnhöfe erfolgt dies fußläufig beziehungsweise per Handhubwagen über einen Lastenaufzug. Die sechs unterhalb der Bühne installierten Schnelldreher-Bahnhöfe können direkt via Stapler bedient werden. Infolge lassen sich die insgesamt 1.300 Durchlaufkanäle beziehungsweise Fachbodenregale über Nachschubgänge versorgen, ohne dass es zu Kollisionen mit einem der innerhalb der Anlage tätigen Werker kommt. Auf der Bühne benötigte Palettenware wird über eine Geländerschleuse mittels Gabelstapler vom Erdgeschoss aus zugeführt. Vorgesorgt ist auch für den sprichwörtlichen „Fall der Fälle“: Treten in der Anlage zum Beispiel Barcode-Lesefehler auf, so werden die betreffenden Kartons einem NIO-Platz zugeführt. Nach Überprüfung und Verlassen des Kontrollpunkts gelangen sie entweder in den Sonderpackbereich oder werden erneut die Anlage eingeschleust. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geschaffen, rückständige, nun aber wieder verfügbare Artikel auf schnellstem Weg in einer Nachlieferung zusammenzufassen. In einem solchen Fall erfolgt die Kommissionierung in einen Kunststoffbehälter. In der Sonderpackzone können diese Artikel dann in kleine Versandtaschen umgepackt werden. Dazu Hans Kemmerling: „Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Förderlast der Anlage reduziert wird und Blockaden beziehungsweise ein segmentweises Abschalten durch Überfüllung vermieden werden kann.“

Für weiteres Wachstum bestens gerüstet

Das Umbauprojekt unterteilte sich in insgesamt sieben Projektphasen, verteilt auf ein Zeitfenster von knapp zwei Jahren. Hierbei galt stets uneingeschränkt die Maxime: Sicherheit vor Umsetzungsgeschwindigkeit. „In enger Kooperation mit dem Intralogistik-Generalunternehmer BSS ist es uns gelungen, hier in Haan eine neue Systemlösung zu integrieren, die nicht nur zu kurzzeitigen Effizienzsprüngen, sondern auch zu dauerhaften Mehrwerten geführt hat“, resümiert Büroring-Vorstand Jörg Schaefers. So sei die Genossenschaft nun in der Lage, auch zukünftige Sortimentserweiterungen abbilden und abwickeln zu können. Sonderartikel, etwa im Rahmen eines Projekt- und Ausschreibungsgeschäfts, lassen sich ebenfalls problemlos einbringen und Saisonkurven könnten flexibel abgefangen werden. Erfüllt wurde auch die Forderung nach verkürzten Prozesszeiten, um eine zeitnahe Auslieferung der Mitglieder-Bestellungen gewährleisten zu können.



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